NewsInterview mit Alex Benede

Interview mit Alex Benede

Chefausbilder der MFS: Alex Benede

In unserem ersten Teil des Interviews aus der aktuellen MFS-Zeitschrift „EinsNull“ hat Alex, Chefausbilder bei der MFS, schon Einblicke in seine tägliche Arbeit bei uns, die (Weiter-) Entwicklung der MFS-Philosophie sowie Ideen aus dem Spitzenbereich und den Transfer in unseren Arbeitsalltag gegeben.

Wir haben ihm noch einige weitere Fragen gestellt.

MFS: Warum denkst Du wird in der Praxis so häufig Wissen zurückgehalten?

Alex Benede (AB): Ich vermute, dass das zweierlei Gründe hat. Zum einen ist dieses Wissen im Detail nicht immer vorhanden. Und das soll ausdrücklich kein Vorwurf sein, sondern ist einfach meine Feststellung und Beobachtung aus der Praxis. Wir haben bei der MFS natürlich das große Glück, dass wir uns seit über 20 Jahren mit unfassbar viel Manpower hauptberuflich mit dem Thema auseinandergesetzt haben und das nonstop weiterhin tun. Es ist einfach unser Beruf! Man kann ganz sicher nicht von einem Breitensporttrainer erwarten, dass er sich neben seinem „normalen“ Job so in der Tiefe mit der Materie beschäftigt. Das ist doch ganz klar. Zum anderen besteht häufig die Angst, man könnte die Kinder überfordern oder mit Wissen überfrachten. Es wird viel über das Schul-/und Bildungssystem diskutiert. Da läuft sicher nicht alles reibungslos und glatt, das steht außer Frage. Aber auch dort packen wir doch erstmal alles an Wissen fächerübergreifend in die Kinder rein und lassen sie sich dann später spezialisieren. Ähnlich ist es bei uns. Und die Kinder suchen und finden ganz schnell die Bereiche, in denen sie sich leichter tun und für die sie mehr Begeisterung entwickeln. Das fördern wir dann weiter ganz gezielt, ohne das große Ganze aus den Augen zu verlieren. So lange ich nicht wirklich herausgefunden habe, warum dieser Transfer in den Fußball nicht stattfindet, werde ich einfach weitermachen.

MFS: Man wirft uns mitunter vor, den Fußball zu kompliziert zu machen. Wie siehst Du das als „Fußball-Professor“?

AB: Fußball ist wunderbar einfach und gleichzeitig unfassbar komplex. Das ist ein bisschen wie das echte Leben oder die „echte Welt“. Natürlich kann ich mich als Bergsteiger einfach ans Gipfelkreuz setzen und den Ausblick genießen. Wunderbar! Der/die Biologe*in sieht diese Welt da oben evtl. aber mit anderen Augen, nicht weniger schön, aber eben anders. Der/die Bergführer*in, der/die Bergretter*in, der/die Klimaschützer*in wieder ganz anders. Wertfrei anders. Und das ist gut so und ganz normal. Und so ist es im Fußball eben auch. Man kann die Sportart aus unglaublich vielen Blickwinkel anschauen und sie aus den unterschiedlichsten Gründen lieben. Was aber einfach Fakt ist: Blickt man mal tiefer rein, trägt der Fußball einfach sehr viel mehr in sich, als es in einer TV-Übertragung auf den ersten Blick rüberkommt. Und wenn man dieses Spiel im Detail und grundsätzlich sauber vermitteln und lehren will, muss man sich eben mit allen Facetten und Anforderungen auseinandersetzen. Und das tun wir…

MFS: Dass dieses Wissen an der Basis nicht vorhanden sein kann, ist klar. Aber in der Spitze?

AB: Ich übe da schon ein stückweit Kritik an denen, die es wissen müssten und auf verbandsebene lehren. Ich bin mir sicher, dass sich die „obersten Strukturen“ wie NLZs, DFB oder die Landesverbände wie z.B. der BFV da auch Gedanken machen, aber es verändert sich einfach kaum etwas. Und wenn überhaupt, dann unfassbar langsam. Auch das mag eventuell an den grundsätzlichen Strukturen des Systems liegen, macht es aber in Summe nicht besser und hindert letztinstanzlich Spieler an einer optimalen Entwicklung. Wir hinterfragen uns tagtäglich und entwickeln unsere Ansätze immer weiter. Nur so können wir versuchen an bzw. vor der Entwicklung des Sports zu bleiben. Wir haben es im Fußball eben immer noch mit gefährlichem Halbwissen und persönlichen Eitelkeiten zu tun. Da muss man natürlich unbedingt differenzieren: Der Vater, die Mutter, die aus der Not heraus das Team des Kindes übernehmen, weil sonst gar kein Training stattfinden würde, sind erstmal von jeglicher Kritik ausgenommen und wir müssen alle unglaublich dankbar sein, dass sich so viele Menschen im Ehrenamt engagieren. Wir bei der MFS können uns natürlich viel tiefer mit der Materie befassen. Wir haben alle lange selber gespielt, kommen aus der Sportwissenschaft, beschäftigen uns seit über 20 Jahren nonstop mit dem Spiel und haben eine riesige Power, weil wir uns mit so vielen Personen durchgehend damit auseinandersetzen. Und auch wir wollen uns nicht verkünsteln und Dinge komplizierter machen, als sie sind. Aber Detailarbeit ist einfach wichtig. Technik ist am Ende des Tages nichts anderes als die Antwort auf eine gestellte sportartspezifische Bewegungsaufgabe. Die Lösung zu finden hat bei uns einfach höchste Priorität und da geht es um Details. Dafür braucht es zwingend Experten. Wenn wir das dann weiterspinnen, geht es natürlich auch um Verhalten und Verhalten im Fußball ist dann eben Taktik. Auch das ist runtergebrochen Technik am Ball. Wir sagen immer: Technik ist Taktik am Ball. Allgemein wird sich in Deutschland sehr sehr viel damit beschäftigt, was wir gegen den Ball tun wollen. Das führt dazu, dass wir ein bisschen aus den Augen verloren haben, was wir mit dem Ball anstellen wollen. Als Mannschaft, als Gruppe und besonders auch als einzelner Spieler. Und das weder im Allgemeinen, geschweige denn positionsspezifisch über den Platz verteilt.
Es gibt unglaublich viele sogenannte Fußballexperten, die, nur weil sie mal ein paar Jahre als Erwachender in der Kreisklasse gekickt haben, anscheinend im Detail genau wissen, was zu tun und zu lassen ist. Gerade mit Kindern und Jugendlichen ist das erarbeiten der Inhalte eine andere Welt, als mit Erwachsenen ergebnisorientiert Spiele zu bestreiten. Und die echten Experten dann anzugreifen, nur weil man sich nicht im Detail mit denen beschäftigt hat und sie als Vordenker neue Wege beschreiten, finde ich schwierig. Das geht mir in Deutschland auch ein bisschen zu schnell.

Ich rufe mir bei einem Wasserschaden ja auch einen Profi und schraube da nicht selber rum, nur weil ich 20 Jahre lang den Wasserhahn aufgedreht habe.



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